Kurz vom Schreibtisch aufstehen, zu den Kollegen für einen Plausch schlendern. Möglichkeiten, die wir im Home Office nicht haben. Dabei sollten wir uns viel öfters in unserer Pause bewegen und von den hibbeligen Kindern lernen. Wir bei Heurekaaa! in München sehen bei unseren Schülern jeden Tag, dass es wirkt. Aber warum ist das so?

Bewegung verbessert die mentale Leistungsfähigkeit

Viele Studien zeigen den Zusammenhang von körperlicher Aktivität und höherer Leistungsfähigkeit auf. Dies ist sogar in bildgebenden Verfahren sichtbar, welche die Gehirnaktivität aufzeichnen. Diese Verfahren haben bereits zu wertvollen Erkenntnissen geführt und werden auch gezielt dafür eingesetzt, unsere Leistungsfähigkeit zu messen. Bei körperlicher Aktivität sehen wir vor allem Veränderungen im präfrontalen Kortex. Diese trägt zur selektiven Aufmerksamkeit, zum Arbeitsgedächtnis und zum Task-Switching bei. Und das ist wiederum wichtig fürs Planen, Vorausdenken und zielgerichtete Handeln.

Gedächtnistraining als globaler Trend

In der neuen Studie des spanischen Experimentalpsychologen González-Marqués und seinem Team der Complutense Universität Madrid überprüfte er kognitive Trainings, die auch häufig mit Bewegung kombiniert werden.1 Das ehrgeizige Ziel der Forscher: aus dem überbordenden Markt der Gedächtnistrainings die wirksamsten herauszufiltern. Seit Nintendo das Gedächtnistrainingsspiel “How old is your brain?” 2006 herausbrachte, so die Forscher, steige auch die Nachfrage bei der Allgemeinbevölkerung nach Gedächtnisstimulation rasant. Aus über 16000 Referenzen suchten die Forscher die 70 vielversprechendsten Studien aus. Das heißt sie interessierten sich für synaptische Verbindungen in unserem Gehirn, die durch Training wie Trampelpfade neu angelegt werden.

Gedächtnistraining und Bewegung besonders effektiv

Besonders interessant erscheinen hier die Ergebnisse für die Trainingsarten, die Bewegung mit kognitiven Aufgaben verbinden. Was passiert nun, wenn wir unsere Pausen dafür nutzen würden, unseren Geist und Körper in Kombination zu trainieren? Also etwa mit einer Rätselaufgabe, die wir balancierend lösen müssen? Oder auf einem Bein hüpfend? Zinke (2012) untersuchte in seiner randomisierten Kontrollgruppenstudie mit Jugendlichen von 10 bis 14 Jahren, ob sie sich durch eine Kombination aus Gedächtnistraining und körperlicher Aktivität auch in anderen Bereichen verbesserten. Tatsächlich zeigten sie Fortschritte bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit, der Genauigkeit und der Schnelligkeit beim Wechseln zwischen verschiedenen Aufgaben. Also genau solche Transfereffekte, denen das Forscherteam um González-Marqués auf der Spur waren.

Bewegung beim Lernen gegen Impulsivität

In einer neuen Doktorarbeit von Sabine Buuck der Universität Bamberg „Bewegende Pause“ gibt sie einen Überblick über vielversprechende deutschsprachige Studien.2 Etwa einem “LifeKinetik-Training” für Erwachsene (Johann 2012), bei dem motorische Koordinationsaufgaben mit zunehmender Komplexität mit kognitiven Aufgaben kombiniert werden. Das Ziel war dabei, Arbeitsgedächtnis, Inhibition und Aufmerksamkeit zu fördern. Hier zeigte sich, dass die Probanden deutliche Verbesserungen bei der Inhibition zeigte. Also bei unserer Fähigkeit, impulsive Reaktionen zu kontrollieren oder zu hemmen, also Selbstkontrolle auszuüben. Es hilft uns dabei, über die richtigen Antworten erst nachzudenken, bevor wir damit herausplatzen. Negativen Gedanken ein Stopp-Schild vorzuhalten. Oder eben konzentriert weiter zu arbeiten, obwohl der Magen knurrt oder das Handy vibriert. Diese Inhibitionsfähigkeit entwickelt sich erst in der Kindheit, kann aber auch bei Erwachsenen noch unterentwickelt sein.

Bewegung für jung und alt

Buuck entwickelte außerdem ein betriebliches Bewegungsprogramm für Erwachsene. Es zeigt auf, dass körperliche Aktivität – strategisch eingesetzt – die kognitive Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern in relevanten Dimensionen verbessern kann.

Wir könnten also unsere Firmen ermutigen, ein Bewegungsprogramm für eine verbesserte Leistungsfähigkeit einzuführen. Oder uns selbst im Home Office mit unseren Kindern zusammen ein paar Rätselaufgaben stellen. Und diese am besten auf einem Bein hüpfend lösen.

 

1 González-Marqués, J. et al. (2018): Brain Training in Children and Adolescents. Is It Scientifically Valid? In: Frontiers in Psychology, 2018, Vol.9.